Wenn die Klingelton-Generation zu singen beginnt, dann wird sie ehrlich. Pop-Tönchen Sarah Connor versang sich bei ihrer Interpretation der Deutschen Nationalhymne – und zwar nicht nur im Text. Gut, man weiß ja, dass wenig genug Menschen sowohl Text wie Melodie in einigermaßen erträglichem Maße hinbekommen. Doch das hat wohl andere Gründe. Mag sein, dass der Elektro-Smog der Mobiltelefone gentechnische Veränderungen mit biologischen Folgen auslöste, bewiesen ist jedoch gar nichts. Gehen wir mal der Einfachheit halber einfach davon aus, dass eine Behauptung solange stimmt, bis sie widerlegt ist; na bitte. Doch wie es scheint, hat man es auch an den Ohren. Im Stadion, in dem die Trällergurke dies all sang, bemerkte offenbar kaum jemand etwas und bemerkte damit das richtige: So einer Stimmbandmörderin hört man ja auch gar nicht zu; wozu hat so jemand schließlich eine Figur.
Aber auch Spitzensänger sind mitunter außer Rand und Band. Thomas Quasthoff bewirbt NDR Kultur, also diese Schmuse-Sende-Welle, nördlich des Nordpols jeden Geschmacks. Der Berliner Sanges-Professor hat es offenbar ebenso an den Ohren oder schlimmer – oder schlechterdings in der Geldbörse. „Ich höre NDR Kultur“ sonort er da aus Werbeanzeigen des NDR. Der Anzeige ist leider ein Satz entgangen: „Ich höre NDR, aber ich moderiere auf Klassik-Radio“, bei dem er im letzten Jahr weihnachtlich seine Version von Bach-Kantaten persönlich vorstellen durfte, konnte, musste oder wollte. Und es ist der gleiche Quasthoff, der bei der Übergabe des Ehrenringes der Stadt Hildesheim forderte: „Bitte lassen Sie das Sterben von Kultureinrichtungen nicht zu.“ Klar, die anderen sollen es ausbaden. Und da platzt einem dann endgültig das Trommelfell. Wann gibts endlich Klingeltöne zum Sehen?
Zuerst erschienen in nmz 2005/7-8