Claudia Roth, GRÜNEN-Ur-Ton-Steine-Scherben-Gestein, soll die Nachfolge von Monika Grütters als Kulturstaatsministerin beim Bundeskanzler antreten. Eine Personalie, die es in sich hat.
Zwar hat Monika Grütters das Kulturstaatsministerium in den letzten Jahren deutlich entwickelt und dessen Etat deutlich steigern können; sie hat es mit einem Profil und einem Engagement ausgestattet, das sich sehen lassen konnte – wenngleich manchmal dabei auch nicht nur die Fassade wie beim Humboldt-Forum nicht ganz gestimmt hat – sie hat auch mit diversen aufgesetzten Unterstützungsprogrammen die mehr als schwierige Pandemie-Zeit für den Kulturbereich abzufedern versucht. Aber sie hat ein paar Kulturpolitik-Gaps hinterlassen.
Das Amt muss weiter geerdet werden, die Zeit für Verfassungsfassadenfolklore ist vorbei. Gut nur, dass Claudia Roth zusammen mit Erhard Grundl, dem kulturpolitischen Sprecher der GRÜNEN, in der Wochenzeitung DIE ZEIT schon skizziert hat, wie die Kulturpolitik des Bundes auszusehen habe. Zentrale Ziele: „Eine Kulturförderung des Bundes (…) muss ein breiteres Publikum ansprechen und den Weg bereiten hin zu einer Kultur für jede und jeden.“ Weiter: „Das Zuwendungsrecht, also die Voraussetzungen für Zuwendungen aus dem Haushalt, ist dringend reformbedürftig; und die Ressourcenverschwendung durch viel zu kurze Projektlaufzeiten muss ein Ende haben.“ Dem Gender-Pay-Gap, der in Wahrheit ein Abgrund und keine Lücke sei, muss „mit gendergerechten Mindesthonoraren und einer Quote für Geschlechtergerechtigkeit auf allen Entscheidungsebenen in staatlichen Kultureinrichtungen“ begegnet werden. Und nicht zuletzt: „Als grünes Sofortprogramm wollen wir das seit Beginn der Pandemie in Baden-Württemberg eingeführte Existenzgeld von 1.200 Euro für alle von der Corona-Krise betroffenen Solo-Selbstständigen bundesweit auflegen.“ Das ist ambitioniert, doch im Koalitionsvertrag findet man keinen Bezug darauf, nur den Sonntagsreden-Satz: „Kunst und Kultur und ihre Vielfalt zu fördern und die soziale Lage von Künstlerinnen und Künstlern zu verbessern ist in diese Zeiten ein Beitrag zur Sicherung unserer Demokratie.“ Was also ist uns die Demokratie wert? Alarm für Claudia Roth!
Zuerst erschienen in nmz Ausgabe: 12/2021 – 70. Jahrgang