… und dem Opus Klassik zugewandt. So erstanden in diesem Jahr die Komponisten Erich Wolfgang Korngold und Hanns Eisler von den Toten, um beim bedeutendsten Klassikpreis der Gegenwart in Kategorie Komponist/Komponistin des Jahres nominiert zu werden. Das hatte im Vorjahr auch Cesar Cui (der von Cui Bono, von U2) geschafft.
Man hat die beiden Komponisten jetzt dann doch noch aus der Wertung genommen und man will nicht wissen, welcher Nachforschungen es dafür bedurfte.
Es müssen jedenfalls große und umfangreiche gewesen sein, ist doch die Jury des Preises hochkarätig besetzt mit Musikmanager*innen, Journalist*innen und Tonträger*innenexpert*innen – wenn schon die es nicht wissen und nicht einmal die, die die Musikaufnahmen selbst dafür vorschlagen. Vielleicht war daher die Feststellung ausschlaggebend, dass der für die Moderation der Galakonzertveranstaltung vorgesehene Hans-Joachim Kulenkampff in der Doppelmoderation mit Luciano Pavarotti plötzlich abgesagt hatte aus Gründen der Energieerhaltung: von wegen zweiter Hauptsatz der Thermodynamik und so. So bleibt in diesem Jahr eine Zombie-Apokalypse wahrscheinlich aus. Obwohl? Thomas Gottschalk in andauernder Querlüftung von wegen Fönfrisur und Virusverblasung? Ahoi.
Wir leben eher in Präzombiezeiten. Bei gefühlten 2.156 Nominierten in gefühlt 2.155 Kategorien weiß man immerhin, worum es geht. Nicht um die Sache der Kunst, sondern simpel um die des Geschäfts.
Dagegen darf man heute ja nichts mehr sagen, das ist legitim. Wie wohl Hanns Eisler in seiner „Dankes“-Rede gesprochen hätte? Vielleicht so: „Das Agonieröcheln eines Sterbenden langweilt die pflichtgemäß um das Sterbebett Versammelten so, daß sie einschlafen. Aber ihr Schnarchen klingt ebenfalls wie Agonieröcheln und so kann man nur schwer unterscheiden, wer eigentlich im Sterben liegt. Das ist das Verhältnis der bürgerlichen Gesellschaft zur modernen Musik. Wenn man aber fragt, wer eigentlich im Sterben liegt, so gibt es nur eine Antwort: alle beide.“
Zuerst erschienen in nmz Ausgabe: 9/2020 – 69. Jahrgang