Seit 2009 ist der Musikautorenpreis der GEMA installiert: Autoren ehren Autoren war von Anfang an das Motto. Man feiert die Komponisten und Texter, die sich auf besondere Art und Weise verdient gemacht haben – nicht in ihrer Tätigkeit als Funktionäre, sondern als Urheber. Sie sind zuständig für den musikalischen Treibstoff der Gesellschaft. Mittels dieses Treibstoffes gelang es der GEMA im letzten Jahr, Erträge in Rekordhöhe für ihre Mitglieder einzufahren: mehr als eine Milliarde Euro (1.024,4 Mio.) nämlich.
Doch vor dem Verteilen geht es erst einmal um das Feiern. Seit Jahren trifft man sich dafür im Ritz-Carlton Berlin zu einem Gala-Diner. In neun Kategorien wurden Autoren und Autorinnen durch eine Jury ermittelt, in acht davon mussten diese sich gegen zwei weitere Nominierte durchsetzen. Ausnahme sind die Kategorien für das erfolgreichste Werk (Kerstin Ott), das Lebenswerk (Sofia Gubaidulina) und für den „Nachwuchs“, der dieses Jahr zum ersten Mal sowohl im E- (Brigitta Muntendorf) wie im U-Musik-Sektor (Von wegen Lisbeth) vergeben wurde und als einziger Preis dotiert ist.
Die Kategorien sowie die Auswahl der Gewinner sind nach wie vor etwas gewöhnungsbedürftig: Für die Kategorie „Komposition Musik für Musiktheater“ wurden Johannes Kalitzke, Marius Felix Lange und Anno Schreier (Preisträger) nominiert. In der Kategorie „Komposition für Sinfonik“ waren es Søren Nils Eichberg, Olga Neuwirth (Preisträgerin) und Gerhard Stäbler. Man kann sich keinen Reim darauf machen, ob die Jury sich am Gesamtwerk oder besonderen Leistungen des letzten Jahres orientiert hat. Und natürlich muss es einen Gewinner oder eine Gewinnerin geben – und damit auch zwei Verlierer. Das ist nach wie vor schade.
Für die Preisträgerinnen ist es gleichwohl, wie sie betonen, ein besonderer Preis, da er von Kollegen und Kolleginnen vergeben wird. Olga Neuwirth beschrieb in ihrer Dankesrede allerdings deutlich, wie schwer es im allgemeinen Konzertleben sei, anerkannt zu werden, wenn man denn eine Frau sei. Sie fühle sich „gelassen desillusioniert“. Ob der Geburtsfehler dieses Preises allerdings jemals geheilt werden wird, ist unwahrscheinlich. Als Klassentreffen von Urhebern und Verlegern wird der Preis allgemein gelobt, sieht man ihn vor allem im Vergleich zu den verschiedenen ECHOs der Musikindustrie. Weniger preiswürdig war dieses Mal allerdings das gereichte Essen – in dieser Hinsicht hat die Location schwer nachgelassen.
GEMA Geschäftsbericht
Wenige Tage später veröffentlichte die GEMA ihren Geschäftsbericht. Vorstandsvorsitzender Harald Heker in seinem Vorwort: „Wirtschaftlich war die GEMA noch nie so erfolgreich wie 2016. Für unsere Rechteinhaber in aller Welt konnten wir erstmals Erträge von mehr als einer Milliarde Euro verzeichnen – ein Rekordergebnis, mit einem Ertragsplus von fast 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.“ Der Grund für diesen Zugewinn ist schnell ermittelt: Man hatte sich letztes Jahr mit YouTube für die Zeit seit 2009 geeinigt. Ebenso wirkt sich die Einigung mit der „Zentralstelle für private Vervielfältigungsrechte (ZPÜ), eines Zusammenschlusses der GEMA und acht weiterer Verwertungsgesellschaften in Deutschland, mit den Verbänden der Geräteindustrie über die Vergütung für die Nutzung von Smartphones und Tablets für die Jahre 2012 bis 2016“ positiv aus. Konkret: Beim Streaming gab es eine Steigerung von 15 auf 70,5 Millionen Euro, während die Einnahmen aus dem Download von 27 auf 13 Millionen Euro sanken! Schaut man sich einzelne Abrechnungen von Urhebern an, wie sie ab und zu in den sozialen Medien gepostet werden, scheint zumindest die Verteilung an die Urheber recht unterschiedlich auszufallen. Während prominente Komponisten auf wenige 10 bis 30 Euro kommen, müssen andere Autoren recht gut an den Streamingdeals verdienen.
Die gesetzlichen Vergütungsansprüche nach § 54 Abs. 1 UrhG stiegen von 14 auf 96,5 Millionen Euro. Es ist unwahrscheinlich, dass sich diese Zugewinne wiederholen lassen. „Da es sich um kumulierte Erträge für einen zurückliegenden Zeitraum handelt, können wir Einnahmen in dieser Höhe jedoch nicht regelmäßig erwarten,“ schreibt Harald Heker. Rechnet man also die kumulierten Daten, natürlich etwas grob, auf ein Jahr herunter, käme man beim Streaming auf einen jährlichen mickrigen Betrag von 7 Millionen Euro und bei den Vergütungsansprüchen nach § 54 Abs. 1 UrhG etwa von 16,5 Millionen Euro – beide Daten sind natürlich spekulativ, da im Geschäftsbericht nicht eigens ausgewiesen wurde, was das „normale“ Aufkommen ohne die Nachzahlungen gewesen wäre. Bedenklich ist vor allem der Rückgang im Bereich Sendung (Hörfunk) von 54,5 auf 49 Millionen Euro. Leider geht aus dem Geschäftsbericht hier nicht hervor, warum dies so ist. Dagegen sind die Ausgaben für Marketing und Kommunikationsaufwand von 5,8 auf 10,3 Millionen Euro gestiegen. Für Beratungs- und Gutachterhonorare gab die GEMA 6,6 Millionen Euro aus.
Über die Entwicklung für das Jahr 2017 lässt sich nur schwer spekulieren, aber der Geschäftsbericht versucht es: „Die GEMA erwartet für das Geschäftsjahr 2017, trotz einiger positiver Einmaleffekte im Jahr 2016 (z.B. YouTube-Vertragsabschluss für die Jahre 2009 bis 2016), eine stabile Ertragsentwicklung auf ähnlichem Niveau. Es wird damit gerechnet, die negative Marktentwicklung im in- und ausländischen Tonträgerbereich durch Ertragssteigerungen in den Bereichen Live-Musik und Online kompensieren zu können. Hinsichtlich der Aufwandsentwicklung wird für das kommende Geschäftsjahr ein leichter Rückgang erwartet.“ Man wird sehen. Häufig genug haben neue Rechtsvorschriften aus neuen oder geänderten Gesetzen zu völlig neuen Situationen geführt. „Das rechtliche Umfeld stellt sowohl ein nachhaltiges Risiko als auch eine potenzielle Chance dar.“ Pragmatisch ungewiss!
Zuerst erschienen in: nmz 5/2017 – 66. Jahrgang